Rockefeller-Eugenik
Die (Rockefeller)-Eugenik-Files (I)
Kapitel I – Eine unangenehme Wahrheit und die Vorgeschichte
Vielleicht wundert sich die eine oder der andere, warum ich so lange nichts mehr zu schreiben hatte. Nun zunächst benötigte ich wohl eine Art Schreibpause. Als dann das Trump-Theater begann, merkte ich schnell, dass es sich nicht lohnte, über den Mann oder seine Politik Worte zu verlieren, schnell erwies sich seine Wechselhaftigkeit. Ich halte ihn für ein trojanisches Pferd, nicht einmal Kennedy kann das was herumreißen. Lese ich meine Artikel aus der Biden-Zeit (s. Archiv auf wordpress.com), so scheinen diese immer noch aktuell. Und überhaupt – über aktuelle Politiker-Aussagen oder die neuesten Hypes zu schreiben, ist so was von unergiebig. Anstatt dessen versuchte ich an meinem Buch “Vom Schutzamulett zur Schutzimpfung” (die ausführlichste Version bislang s. hier) weiterzuarbeiten, die Arbeit geriet jedoch abermals ins Stocken, wegen dem verdammten Chronologie-Problem. Wenn ich Ihnen z.B. sagte, dass sowohl Altes als auch Neues Testament vor weniger als 1000 Jahren geschrieben wurden, würden Sie mich wahrscheinlich für verrückt halten. Dennoch führten die Forschungen in genau diese Richtung, doch die Begründung ist sehr kompliziert und ergäbe wieder mal ein Buch. Immerhin hatten die Forschungen an diesem abgedrehten Thema den Effekt, mich mit frischer Energie zu erfüllen, und so wurde es wieder einmal Zeit, an den angekündigten “Schubladen-Geschichten” weiterzuarbeiten. Here we go again!
Kapitel 1 oder so
In einem anderen Teil habe ich viel über Wilhelm Wundt und experimentelle Psychologie geschrieben und wie konkret diese Wissenschaft Auswirkungen auf das Selbstverständnis der Menschen hat. Ich schrieb von einer sich selbst verstärkenden Entwicklungsspirale, die letztendlich das bestätigen wird, was ursprünglich eine Arbeitshypothese der Wissenschaftler war: dass der Mensch keinen freien Willen hat, Bewusstsein eine Illusion, eine Reiz-Reaktion des Nervensystems ist und das Konzept einer Seele dank der speziellen Ausrichtung dieser Forschungen aus dem modernen Weltbild ausgeschlossen wurde. Die Weiterentwicklung von Wundts Experimenten und die hohe Gewichtung der Ergebnisse bereiteten den Boden für den rein biologisch-mechanisch deutbaren Menschen, ein Prozess, an dem natürlich noch viele weitere Forscher beteiligt waren.
Auch Wissenschaftler können Hypothesen allerdings nur in einem gewissen Kontext aufstellen, innerhalb eines Rahmens, der durch die individuelle Vorstellung geprägt ist, wie etwas funktioniert und was für möglich gehalten wird. Die vorgefasste Meinung wird die Forschungsergebnisse beeinflussen und eher selten, in der Regel durch Einbeziehung anderer Wissensgebiete oder Technologien, gelingen bahnbrechende neue Erkenntnisse oder völlig neue Theorien.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts richteten sich die Bemühungen vieler Forscher nun also endgültig auf die rein mechanische Erklärung von Natur und Mensch aus, wozu die rasante industrielle Entwicklung sicherlich beigetragen hat.
Was im 19. Jahrhundert kaum eine Rolle gespielt hat bei den Überlegungen der Forscher zur Funktionsweise von Organismen und meiner Meinung nach auch heute unterbewertet wird, ist das Rätsel der unsichtbaren Kommunikationswege zwischen Organismen und wie Information generell übertragen wird. Eine Schmetterlingsart fliegt z.B. Jahr für Jahr von Kanada aus an einen bestimmten Ort in Mexiko. Doch kein einziger Schmetterling überlebt sowohl Hin- als auch Rückreise. Woher wissen die Schmetterlinge also wohin sie fliegen müssen? Ähnliche Beispiele gibt es zur Genüge, doch was unsichtbare Energien anbelangt, so wurde – mit einer Ausnahme – allenfalls Elektrizität thematisiert. Die Ausnahme war nun, dass Mitte des 19. Jahrhunderts eine Bewegung Zulauf bekam, die sich sogenannter psychischer Phänomene annahm. Die Zeit der Spiritisten und Geisterbeschwörer begann ausgerechnet dann mit ihrem Höhenflug, als Gott mit dem Rücken zur Wand stand. Doch das ist eine andere Geschichte, die in einer Schublade der Wiederbelebung harrt. Es ist eine Geschichte, in der beginnend in den 1860er Jahren Spione, Spiritisten und Psychoanalytiker herumirren.
Der Mystizismus, der durch die rein mechanische Sichtweise zum Rückzug gedrängt wurde, gab sich mit der Abschaffung Gottes also keineswegs geschlagen. Außerdem wurde anstelle von Gott nun eine “Rassenseele” erfunden, was wie die Faust aufs Auge zur 1859 vorgestellten Theorie von Charles Darwin passte, der zum Wegbereiter von Spencer → Sozial-Darwinismus, Galton → Eugenik und, zumindest indirekt, von weiteren, ähnlich gestrickten Theorien und Ideologien wurde.
In diesem Teil bzw. Folgekapiteln wird aufgezeigt werden, dass das Eugenik-Projekt bereits ab der Wende zum 20. Jahrhundert ein länderübergreifendes war, praktisch international. Und es werden auch einige Erklärungsansätze angeboten, wie es dazu kam, dass ausgerechnet “das Land der Freien” zum Vorreiter von Eugenik und “wissenschaftlichem Rassismus” wurde.
Allgemeines zu den Ursprüngen von “wissenschaftlicher Rassenlehre” und Eugenik
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Einfluss der Eugenik-Bewegung in den USA wesentlich größer als man sich das heute vielleicht vorstellen kann. Und hier kommen Leute bzw. Organisationen wie John D. Rockefeller, sein Sohn John D. Jr. und z.B. die Carnegie-Foundation ins Spiel, die bereits im 1. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zusammen mit Mrs. Harriman, ab 1909 Witwe des Eisenbahnbarons Edward Harriman, und einigen weiteren gut betuchten Gleichgesinnten das Eugenic Records Office (ERO) gründeten bzw. finanzierten. Man könnte sagen, es war so etwas wie eine Ahnenforschungsgesellschaft, wäre da nicht der Umstand, dass auch Listen von Menschen erstellt wurden, die offenbar für nicht vermehrungswürdig gehalten wurden. Wie es dazu kam, und was für Umstände damals in den USA herrschten, darum geht es in dieser Serie.
Im vorliegenden Beitrag geht es in erster Linie allerdings nicht um Familie Rockefeller, sondern um einige allgemeine Informationen und gewisse demografische Aspekte um die Jahrhundertwende herum in Amerika, insbesondere die Lage in New York steht im Fokus.
Wir werden erst im nächsten Kapitel mehr über die ersten Natur- und Tierschutzbewegungen erfahren, die interessanterweise von amerikanischen, vornehmlich wohlhabenden Ostküsten-Großwildjägern ins Leben gerufen wurden. Einer davon war der spätere Präsident Theodore Roosevelt. Die Verbindung zur Eugenik ist, dass im Umfeld dieser Gruppe nicht nur an der Gründung von eugenischen Projekten gearbeitet wurde und die Sterilisierung angeblich unwürdiger Menschen vorangetrieben wurde, sondern dass auch politischer Einfluss geltend gemacht wurde, um die Forderung einer Beschränkung der Immigration durchzusetzen.
Damit will ich nicht sagen, dass die Idee einer Einwanderungsquote grundsätzlich unvernünftig oder falsch war, sondern ich bemängele lediglich, dass die entsprechenden Initiativen auf rassischen Idealvorstellungen beruhten. Nicht wenige aus dem erwähnten Kreis favorisierten die Vorstellung, nur noch nordische Menschentypen ins Land der Freien einreisen zu lassen. Schon 1882 wurde ein Gesetz erlassen, das Chinesen die Einreise in die USA und deren Naturalisierung verbot. Diese standen damals im Verdacht, Seuchen einzuschleppen und zu verbreiten, was im Nachhinein aber mehr wie ein Vorwand wirkt, eine unerwünschte Rasse außen vor zu halten.
Aus verschiedenen Gründen kann die Situation Ende des 19. Jahrhunderts in den USA nicht – weder pauschal noch sonstwie – mit der Situation in Deutschland damals oder heute verglichen werden. Ein Grund ist natürlich, dass die Landfläche der USA, im krassen Gegensatz zum Deutschen Reich auch vor dem 1. Weltkrieg, einen halben Kontinent einnimmt, und ein anderer, dass die Einwanderer kein bestehendes von der Allgemeinheit finanziertes Sozialsystem überrennen konnten, weil die Armenfürsorge zum größten Teil durch private und kirchliche Initiativen organisiert wurde. Dass aber die privaten Wohltäter sich wegen des unaufhörlichen Zuzugs von potentiellen Bedürftigen Gedanken machten, wohin das noch führen würde, ist andererseits ebenso nachvollziehbar wie die wachsenden Spannungen und Belastungen, die sich für die Vereinigten Staaten allgemein ergaben. Viele Details der vertrackten Situation werden weiter unten angesprochen.
Das Erbe der Sklaverei, Bürgerkrieg und ein “Negerproblem”
Sklaverei war zwar in Europa selbst kein Thema mehr, das wortstarke Befürworter fand, dafür aber in den Kolonien umso mehr, während Amerika gewissermaßen einen Sonderfall darstellte.

Bild Wiki im Kongogebiet: Sklavenschiffe gab es noch Ende des 19. Jahrhunderts. Der belgische König Leopold II. verstand bekanntlich keinen Spaß in Bezug auf seine afrikanischen Untertanen. Als Strafe für unbotmäßiges Verhalten wurden in Belgisch-Kongo regelmäßig Hände abgehackt. In diesem Zusammenhang fand sich die Information, dass der republikanische Senator Nelson W. Aldrich, einer von Rockefellers engeren Geschäftspartnern und Mitverschwörer beim Coup zur Gründung der Federal Reserve Bank, und durch Heirat von Tochter Abby mit Rockefeller Jr. auch familiär verbunden, den ruchlosen König über Investitionen im Kongo und anderweitig unterstützte.
Die Trennung von Geschäft und Ideologie war nicht immer einfach, wie auch am Beispiel des Emile Franqui nachvollziehbar ist, langjähriger Partner des späteren US-Präsidenten Herbert Hoover und einer von zwei belgischen Direktoren der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in den 30er Jahren. Zu dieser Zeit war Francqui einer der 12 reichsten Menschen in Europa. Ca. 1901 waren Hoover und Franqui Direktoren der Chinese Engineering and Mining Company, welche die Ausbeutung der Kaiping Minen zum Ziel hatte, was Hoover angeblich dazu nutzte, 200 000 chinesische Sklaven in den Kongo zu verschiffen, um sie dort in Franqui´s Kupferminen schuften zu lassen. Dass beide, Hoover und Franquis ab Oktober 1914 tonnenweise Hilfsgüter, die eigentlich für Belgien bestimmt waren, ins Kaiserreich umleiteten, was den Krieg entschieden verlängerte, schlägt dem Fass den Boden aus.
Richten wir unseren Blick nun also auf Amerika, wo das Geld auf der Straße lag, allerdings nicht unbedingt für jedermann erreichbar. Insbesondere wenn man schwarz war, Indianer, Mexikaner oder Einwanderer aus Osteuropa.
Die Erfindung von Baumwollerntemaschinen und mechanischen Webstühlen sowie die zunehmende Verbreitung von industriell gefertigten Produkten führte dazu, dass die Schwarzen in ihrer ursprünglichen Rolle als billigste Arbeitskräfte immer weniger gebraucht wurden. Erneut forderte die Industrialisierung ihren Tribut.
Als die Schwarzen nach dem Bürgerkrieg in den Norden strömten, begann auch ein Kampf um Arbeitsplätze in den Industriestädten. Zwischen billigen Immigranten aus Europa, den ehemaligen Sklaven aus dem Süden und den schon länger ansässigen “Amerikanern”, die auf der Suche nach Arbeit vom Land in die Städte strömten. Doch bei diesem Wettkampf gab es vornehmlich einen Gewinner: die Arbeitgeber, die die Löhne auf einem ausbeuterisch niedrigen Niveau halten konnten.
Die Einführung der mechanischen Webstühle hatte in Europa bereits in den 1830er und 1840er Jahren zu Unruhen geführt (einige Details hierzu s. Unterdrückung von Gegenmeinungen – Parallelen von „Heiliger Allianz“ ab 1815 und Wertewesten seit 2015), und die Amerikaner hatten zu der Zeit, als der Galtonismus nach Amerika überschwappte, somit zusätzlich zu den mit der Industrialisierung einhergehenden Problemen sozusagen ein “Neger-Problem” und ein Einwandererproblem (s.u.). Hie und da wurde sogar gefordert, man solle die Schwarzen wieder zurück nach Afrika verbringen.
Sowohl John D. Rockefeller als auch J.P. Morgan und viele weitere Neureiche der amerikanischen Oberschicht legten den Grundstock ihrer Unternehmen entweder kurz vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg oder nur wenige Jahre danach und erwarben ihren Reichtum somit im Zuge und im Verlauf der Industrialisierung Amerikas. Einige der frühesten ambitioniertesten Eisenbahnbauprojekte in den USA entstanden in den Südstaaten, und beinahe alle von ihnen wurden unter Einsatz von Sklaven erbaut.1 Auch der Vater des berüchtigten “Colonel” House, T.W. House, Berater von Präsident Woodrow Wilson und Nachfolgern, hat in Eisenbahnprojekte in Texas investiert und selbst eine große Sklavenplantage betrieben.

Die Diskussion um die Sklavenfrage war demnach ein wichtiges Thema in den USA, selbst noch lange Jahre nach dem Bürgerkrieg, und das auch für Menschen, die nicht direkt in den Baumwoll- oder Tabakhandel involviert waren, selbst mit Sklaven handelten oder Besitzer von Sklavenplantagen waren. Naturgemäß existierte hier auch eine große Grauzone, wenn man das Interesse von Banken und Zwischenhändlern mit einbezieht, die indirekt ebenfalls von der Sklavenarbeit oder der Minderprivilegierung der Schwarzen profitierten.
George Peabody, Gründer einer der zu seiner Zeit finanzstärksten Stiftungen
George Peabody zum Beispiel, dessen Handelsbank eine Partnerschaft mit Junius Spencer Morgan (später J.P. Morgan) einging, begann seine Karriere in den 1830ern als Händler von “Trockenwaren” ausgerechnet in Newport, Zentrum des nordamerikanischen Sklavenhandels.

George Peabody (1795-1869), war Banker und Philanthrop. Er gründete (1867) nach dem Bürgerkrieg den Peabody Education Fund zur Förderung der intellektuellen, moralischen und industriellen Bildung der mittellosen Kinder der Südstaaten“.2 Zitat Wikipedia 04.09.2024:
Der Peabody Education Fund wurde 1867, nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, von George Peabody mit dem Ziel gegründet, „intellektuelle, moralische und industrielle Bildung in den ärmsten Teilen der Südstaaten“ zu fördern, mit Ausnahme von Schulen für neu befreite Afroamerikaner [Hervorhebung C.B.]. […] Da sie keine neuen Schulen gründen durfte, kam sie weitgehend nicht den Freigelassenen im Süden zugute; in den ersten Jahren flossen nur 6,5 % ihrer Ausgaben in Schulen für schwarze Schüler.
Ein ähnliches “Manko” haftete übrigens auch dem Rockefeller General Education Board (GEB) an, das 35 Jahre später den Bildungsstandard und die Gesundheit in den Südstaaten fördern wollte,3 Thema eines anderen Kapitels.
Wieder stellt sich heraus, dass finanzstarke Philanthropie die Eigenschaft hat, selektiv zu wirken.
Der internationale Handel mit Opium und Baumwolle
Die Neureichen des Ostküsten-Establishments und der etwas ältere Geldadel des Südens waren gewiss nicht zimperlich zu dieser Zeit, solange der Profit stimmte. Das knallharte Opium-, Baumwoll-, Rum und Tabakgeschäft warf nur dank billiger Arbeitskräfte Gewinn ab und so wurden die afrikanischen Sklaven selbst zur Ware und dieses eingespielte System hörte nicht von einem Tag auf den anderen auf zu existieren.
Ende des 19. Jahrhunderts begannen die Söhne der unglaublich reich gewordenen Selfmade-Männer im “Land der Freien”, wie es einst genannt wurde, in die Eliteschulen zu strömen, um anschließend einen Posten in Politik, Wirtschaft oder im Banken- und Versicherungswesen anzunehmen, wenn sie nicht in jener, an anderer Stelle beschriebenen Leisure-Class aufgingen, die sich ihre Zeit mit gesellschaftlichen Anlässen der Oberen vertrieb, z.B. mit dem Privatzug durch das Land zu reisen, die rauschenden Feste von Frau Astor zu besuchen, oder sich die Zeit mit dem Polospiel oder der Großwildjagd zu vertreiben. So verrückt es auch klingen mag, aber amerikanische Großwildjäger gründeten die ersten Tier- und Naturschutzvereine weltweit. Dazu kommen wir hoffentlich noch. Eine dieser Elite-Universitäten war die Yale-Universität, der wir nun ein paar Worte widmen werden, weil ohne die dort gepflegte – exemplarisch beschriebene -elitäre Einstellung vieles aus heutiger Sicht nur schwer verständlich ist.
Nicht nur die Aktionäre der East India Company waren bekanntlich durch den China-Handel mit Opium und Tee reich geworden, sondern auch einige Mitglieder des so mächtigen Ostküsten-Klans, darunter die Huntingtons, die um die Jahrhundertwende zu den 60 reichsten Familien des Ostküsten-Establishments gehörten. William Huntington Russell (1809-1885) war ein US-amerikanischer Arzt, der 1831/32 in Deutschland studiert hatte, zu einer Zeit, “als die Ideen des Philosophen Hegel Einzug ins Bildungssystem hielten”. [wikipedia 06.09.2024].
Erstaunlich viele Amerikaner, die in akademischen Kreisen Karriere machten, reisten im 19. Jahrhundert für ein paar Jahre nach Deutschland, um dort die Vorlesungen berühmter Professoren zu hören. Z.B. von Professor Wundt, Doktorvater einiger Psychiater, die im 3. Reich Karriere machten, Thema eines anderen Kapitels.
Die fachliche Ausrichtung von Gymnasien in Deutschland wurde zum Vorbild für den höheren Bildungsweg in den Staaten, wie z.B. die Aufnahmekriterien der Yale Universität belegen. Insbesondere was medizinische Erkenntnisse und die neue Psychologie anbelangte, sah man in den USA noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast zwanghaft gen Deutschland. In Verbindung mit der deutschen Herkunft der Rockenfellers kommt diesem Umstand u.U. eine gewisse Bedeutung zu, denkt man an Rockefellers Engagement in Sachen Medizin sowie Psychiatrie/Psychologie.
Nach seiner Rückkehr aus Deutschland gründete William Huntington zusammen mit 13 anderen Yale-Absolventen die Geheimgesellschaft Skull & Bones an der Yale Universität. Bekanntlich bilden die Skull&Bones-Yale-Abgänger auch heute noch ein verschworenes Netzwerk, angeblich auch deshalb, weil die Bewerber bei der Einweihungszeremonie irgendetwas Unappetitliches tun müssen, von dem sie nie im Leben wollen würden, dass diese Handlung an die Öffentlichkeit dringt.
Wir reden hier von Leuten, die immer wieder mal in Zusammenhang mit Geschichten auftauchen, bei denen es um halbseidene bis kriminelle Insidergeschäfte geht. Skull&Bones-Leute sind wahrscheinlich schon seit 150 Jahren in allen Etagen von Wirtschaft bis Politik zu finden.

1856 wurde die Russell-Trust Association (RTA) aus Opium-Geldern ins Leben gerufen, um die Yale-Skull&Bones-Gesellschaft zu unterhalten. Das Foto von 1867 zeigt Skull&Bones-Mitglieder an ihrem Treffpunkt in der Yale Universität. In Yale war es lange Zeit üblich, dass die besser situierten Studenten Vorrechte gegenüber Studenten aus weniger guten Familien hatten.
William Huntington Russell entstammte einer Familie, die durch den Opiumhandel zu Wohlstand und Reichtum gelangte. Die Huntingtons und Russells wiederum gehörten, wie erwähnt, zu den Gründern eines Fundus zum Unterhalt des Skull&Bones Geheimordens der Yale Universität, welchem eine äußerst elitäre Grundeinstellung nachgesagt wird.
Der Reichtum der Familien geht wahrscheinlich auf Samuel Russell zurück, ein Cousin von William, der 1823 oder 1824 die „Russell & Company“ in Canton, China, gründete, welche sich spätestens ab 1842 (Kapitulation des chinesischen Kaisers in Sachen Opiumeinfuhr und Akzeptanz der Einmischung britischer Mächte in innere Belange) zu einer der größten Schmuggeloperationen von Opium aus der Türkei nach China entwickelte. Der Opiumhandel wurde trotz des chinesischen Protests ab den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts das damals größte Geschäft der Welt mit einem einzelnen Produkt.
In diesem Zusammenhang muss wohl erwähnt werden, dass der Opiumhandel gegen den ausdrücklichen Wunsch des chinesischen Kaisers stattfand und dass die verderblichen Auswirkungen von Opium von den Händlern nicht etwa aus Unwissenheit in Kauf genommen wurden. Wie am Beispiel von Sir Robert Peel zu sehen ist, der öffentlich bekannt Opiummissbrauch betrieb (und daran starb), war der Elite der damaligen Zeit durchaus bewusst, mit welchem Teufelszeug sie ihren Handel zu treiben gedachte. Nach dem ersten, eher erfolglosen Testlauf gegen Ende des 18. Jahrhunderts, schafften skrupellose Händler es wenige Jahrzehnte später, auch die Briten süchtig zu machen.
So schrieb der Historiker Jack Beeching: »Es dauerte im 19. Jahrhundert nicht lange, bis die Opiumsucht sich von einer gebildeten Minderheit auf die breite Masse ausgeweitet hatte. Wer im industriellen Norden unter schrecklichen Bedingungen lebte und harte Arbeitsstunden verbrachte, fand das Opium billiger als Bier; es bekam den Spitznamen >Erhebung<.«

Samuel Wadsworth Russell 1789-1862 Courtesy: Wikipedia
Die Firma Russell & Co hatte beste Beziehungen zur Wall Street. Ab 1831 waren die Brüder Forbes Teilhaber der Firma Russell & Company. Der Name “Forbes” ist noch heute ein Begriff. Beteiligt am Geschäft war der Großvater von Präsident Franklin Delano Roosevelt, während für den Unterhalt des elitären Yale-Studentenbundes über den Russell-Trust auch Alphonso Taft, der Vater des späteren amerikanischen Präsidenten William Howard Taft, aufkam.
Die Zusammenarbeit von Russel & Co mit der schottischen Firma Jardine Matheson bekam die Bezeichnung „Combination“. 1874 befuhren 17 Schiffe der Shanghai Ship Navigation Co. im Auftrag von Russell & Co die Weltmeere, die somit Butterfield & Swire (ab 1861), die alteingesessene britische Handelsfirma, weit überflügelte. William Jardine, Mitbegründer des bedeutenden –das Wort renommiert ist in diesem Fall wohl unangebracht –Opiumhandelshauses Jardine, Matheson & Co. bezeichnete die Company als „Vater allen Schmuggels und aller Schmuggler“. [Quelle]
Die Opium-Barone der Familie Matheson waren wiederum verwandt mit den Sutherlands, Eigentümer einer der größten Baumwoll- ergo Sklavenplantagen in den Südstaaten. Geschäftspartner von Jardin Matheson waren die Baring Brüder (eine der mächtigsten britischen Bankendynastien im 19. Jahrhundert). Matheson gründete die berühmte Handelsschifffahrtslinie Peninsular and Orient Navigation Line (P&O) und die Baring-Brüder investierten ihrerseits in die Baumwollplantagen der Südstaaten.
Auch ein John Jacob Astor machte ein Vermögen mit dem Opium-Handel, oder die Lehmanns und die Delanos (Präsident Theodore Roosevelts Frau war eine Delano).
Riesige Vermögen wurden im 19. Jahrhundert mit dem Handel von Baumwollprodukten und Opium angehäuft. Beide Branchen wurden von relativ wenigen Familien dominiert, und diese Familien in England und den USA waren untereinander vernetzt, eine Folge des Dreieckshandels, der über den Handel mit Indien und China zum Welthandel wurde.
Womit gesagt werden wollte: Nicht selten waren es dieselben Leute, die am Opiumhandel mit China verdienten und in Sachen Baumwolle unterwegs waren. D.h., die gleichzeitig von der Ausbeutung der Sklaven in den Südstaaten und der Arbeiter in den britischen Industriestädten wie beispielsweise Manchester profitierten, jedenfalls vor der Einführung entsprechender Maschinen. Oder anders ausgedrückt:
Sowohl die Leute, die jeden Sonntag in die Kirche gingen, als auch jene, die meinten der Wissenschaft zu folgen und selbstverständlich diejenigen, die sich hauptsächlich um den Profit scherten, kümmerte die Ausbeutung fremder Völker beinahe genauso wenig wie die Ausbeutung des eigenen Pöbels.
Manifest Destination
Die Rechtfertigung der Ausbeutung von Kolonien, Sklaverei und Ausrottung von Ureinwohnern ist sowohl inhaltlich als auch personell nicht selten so eng mit sozial-darwinistischen Ideologien, Eugenik und Rassismus verknüpft, dass manchmal kaum noch ein Unterschied zu erkennen ist. Hinzu kam auch noch die mit der Rassen-Idee verknüpfte Vorstellung, nach der eine starke Rasse Lebensraum benötige. Und das gab es auch in den USA.
1845 prägte der New Yorker Journalist O´Sullivan in Zusammenhang mit der zur Debatte stehenden Annexion von Texas den Begriff “manifest destination”, womit eine Art göttlich inspiriertes Schicksal gemeint war, welches den amerikanischen Siedlern das Recht gab, sich in alle Richtungen auszubreiten, die Indianer systematisch zu vertreiben oder zu vernichten, und sich die bislang unerschlossenen Gebiete Nordamerikas aber auch existierende Staaten in Mittelamerika (z.B. Mexiko) und die karibischen Inseln untertan zu machen. Ein Kommentar merkt dazu an:
O’Sullivans „Schicksal“ erwies sich in der Realität als so wenig greifbar, dass es weit über ein halbes Jahrhundert lang als Rechtfertigung rechtschaffener Aggressionen in alle Richtungen diente. Die New York Sun rühmte sich 1847, dass der Amerikaner sogar die Aggression seiner germanischen Vorfahren übertreffen würde: „Aufgrund der Qualität seines sozialen Organismus und seiner Zivilisation ist er ein Fleischfresser – er verschlingt alles, was mit ihm in Berührung kommt, sei es ein Mensch oder ein Reich, und wird es auch weiterhin verschlingen.“
Als die Erfüllung der manifest destination auf dem nordamerikanischen Kontinent Ende des 19. Jahrhunderts an ihre Grenzen gekommen bzw. keine Grenze mehr da war, die man mit privaten Mitteln überwinden konnte, brachte bekanntlich der Spanisch-Amerikanische Krieg von 1898 die Erlösung und neue Möglichkeiten. Noch General MacArthur verteidigte beispielsweise die Einnahme der Philippinen und den Krieg in fernen Gestaden gegen die Filipinos mit der tausendjährigen “Expansion in Richtung Westen”. Der Spanisch-Amerikanische Krieg habe, so sagte er vor dem Kongress, „dieses großartige arische Volk über den Pazifik, das heißt fast bis zur Wiege seiner Ethnie, zurückgebracht“. MacArthur bediente sich offenbar einer Argumentation, die damals in England, deutschsprachigen Gebieten Europas und, wie wir sehen werden, auch in den USA Fürsprecher mit einigem Einfluss hatte.
Die Suche nach der Wiege der (weißen) Menschheit in Zentralasien war also nicht nur etwas für obskure Geheimgesellschaften, Theosophen, Ariosophen und Himmlers Ahnenerbe-Gesellschaft, sondern dies war auch einigen der gebildeteren Herren der amerikanischen Oberschicht ein besonderes Anliegen, Beispiele dafür werden noch zur Genüge genannt werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine vom Elite-Gedanken geleitete Oberschicht sich zum Übersetzer der Wünsche Gottes und der Gesetze der Natur erhob. Laut dieser höchst eigenen Interpretation der Naturgesetze war bekanntlich (siehe Darwin bzw. Spencer) das Recht des Stärkeren das erste und höchste Gesetz – praktisch Gottes Gesetz -, weshalb die Schwachen weichen mussten. Es war eine recht bequeme Moral für die oberen Zehntausend, ein anderer Name lautete laissez-faire-Kapitalismus.
Die progressive Zeit – Carnegie und Rockefeller
Nach der Depression in den 1870er Jahren begann eine Phase, die progressivism genannt wird und die in einem anderen Teil beschriebene Idee des Wissenschaftlichen Managements begann sich durchzusetzen. Die Progressiven glaubten, dass jedes beliebige Problem gelöst werden könne, wenn Experten genügend Fakten lieferten, und dass die Logik der Argumente des Experten die Gemeinschaft dazu zwingen würde, das Rezept des Experten zu übernehmen. [Technocracy and the American Dream, Akin, S. 12] Nach und nach wurden Forderungen erhoben, dass wissenschaftliches Management nicht nur in den Betrieben angewandt sondern auch auf den Industriestaat und somit auf die Gesellschaft als Ganzes übertragen werden solle, womit praktisch der Beginn der Technokratischen Bewegung beschrieben wurde. In gewisser Weise haben Industriemagnaten wie Carnegie oder Rockefeller dieses Prinzip der Effizienzsteigerung durch wissenschaftliches Management nicht nur in ihren Firmen angewandt sondern auch auf ihre philanthropischen Stiftungen ausgeweitet.
Andrew Carnegie bezeichnete sich selbst übrigens als “wissenschaftlichen Humanisten” (scientific humanist) und neigte dem Sozialdarwinismus seines Freundes Herbert Spencer zu, ein britischer Philosoph. In seiner Autobiografie beschreibt Carnegie den dramatischen Effekt, den Spencers Schriften auf ihn ausübten:
„Ich erinnere mich, dass das Licht wie eine Flut kam und alles klar war“, schrieb Carnegie. „Ich war nicht nur die Theologie und das Übernatürliche losgeworden, sondern ich hatte auch die Wahrheit der Evolution gefunden. Alles ist gut, denn alles wird besser‘ wurde mein Motto, meine wahre Quelle des Trostes.“4
Rockefeller Sr. hingegen war ein bekennender Baptist, der schon seit den 1860er Jahren regelmäßig an Kirchengemeinden spendete. Dennoch kamen beide zu ähnlichen Schlussfolgerungen: ihr Geld effizienter verteilen zu wollen. Die Geschichte von Rockefeller Sr. zeigt glaubhaft auf, dass John D. Rockefeller den Reverend Frederick T. Gates erst dann als Berater für seine philanthropischen Unternehmungen einstellte, als er der Unmenge an Anfragen um Unterstützung alleine nicht mehr Herr wurde. Was andere politische und wirtschaftliche Aspekte in den USA, England, Deutschland/Österreich-Ungarn und Russland um die Jahrhundertwende betrifft, so finden sich im unvollendeten Buch http://matrix169.wordpress.com/geschichte/leseprobe-die-unsichtbare-pyramide-ii-1850-bis-1917-preussen-england-russland-etc/ eine Menge Hinweise.
Immigration
Die 30 Jahre vor dem Ausbruch des 1. Weltkriegs spülten aber auch zwischen 17 und 20 Millionen Einwanderer an Land, insbesondere an die Ostküste der USA, weshalb dieser Zeitraum nicht nur als gilded age sondern auch als Migrationsepoche bezeichnet wird. Mehr als zwei Drittel der Einwanderer passierten den Hafen von New York und beinahe die Hälfte der Neuankömmlinge blieb auch in New York.

Blick auf New York südöstlich vom East River Bridge Tower, Brooklyn Bridge New York City in den 1890er Jahren [Quelle]
In der Zeit nach Beendigung des Bürgerkriegs bis Mitte der 90er Jahre hatte sich die Stadtbevölkerung um 250% erhöht und betrug 1894 1.8 Millionen Einwohner. 1,4 Millionen New Yorker waren in Übersee geboren worden oder hatten mindestens ein nicht in Amerika geborenes Elternteil.
Mit anderen Worten: Die Zahl der Ausländer und ihrer Kinder übertraf die der einheimischen Amerikaner in der Stadt um das Dreifache, ein Ende der Entwicklung war nicht abzusehen. In New York City lebten mehr Italiener als in Rom, es gab doppelt so viele Iren wie in Dublin, und die Stadt würde bald die größte jüdische Gemeinde der Geschichte beherbergen (1 Million Juden oder so sollen nach der Jahrhundertwende ca. 1910 in New York gelebt haben). Ein Freund von Madison Grant, Großwildjäger und Thema weiterer Kapitel, namens George Horace Lorimer (Herausgeber der Saturday Evening Post), blickte auf dieses „Babel von Ausländern“ und stellte mit Bestürzung fest, dass „New York jetzt eine große ausländische Stadt mit einem amerikanischen Viertel ist“. [Spiro, S. 33]
Die alteingesessenen Familien, deren Ahnenreihen sich nicht selten bis zurück zur Mayflower oder den holländischen Gründern von “New Amsterdam” zurückverfolgen ließen, und die sich als echte Amerikaner wenn nicht gar als Aristokratie fühlten, waren plötzlich weit in der Minderheit und fürchteten in die Bedeutungslosigkeit abzusinken oder im Strudel der Gesetzlosigkeit die Kontrolle zu verlieren. Wer in New York geboren war, erkannte die Stadt nach nur wenigen Jahren oftmals nicht wieder.

1894: Hütten in East Harlem Shantytown, in Upper Manhattan zwischen 102nd Street und Fifth Avenue, die bald dem Bau-Boom weichen würden. [Quelle]
Kriminalität
Unweigerlich stieg mit der Einwohnerzahl natürlich auch die Kriminalität. In den späten 1800er Jahren wurde Kriminalität zunehmend als Gruppenphänomen und sogar als vererbte Familieneigenschaft angesehen. Kriminologen und Sozialwissenschaftler glaubten weithin an den kürzlich identifizierten „kriminellen Typus“, der durch „glotzende Augen“ und bestimmte phrenologische Formen charakterisiert wurde.
Der Glaube an einen bestimmten Verbrechertyp beschränkte sich übrigens keineswegs nur auf die USA, sondern diese Vorstellung hielt sich bis lange nach dem 2. Weltkrieg – insbesondere in Deutschland.
Es ist nun nicht weiter schwierig, sich in die Situation rechtschaffener, gläubiger, gesetzestreuer und sogar fortschrittlicher Menschen hineinzuversetzen, die regelmäßig etwas spendeten, um das Leid zu lindern, und die auch sehr für Reformen waren – wenn Wissenschaftler, respektierte Personen des öffentlichen Lebens und vielleicht auch noch der Pfarrer von der Kanzel herab behaupteten, dass Kriminalität und Armut vererbbar seien.
Irgendetwas musste geschehen, um dem ein Ende zu bereiten.
Als die Idee der vererbbaren Kriminalität mit dem weit verbreiteten Rassismus, den Klassenvorurteilen und dem ethnischen Hass zusammentraf, und den wirtschaftlichen Kosten für die Gesellschaft gegenübergestellt wurde, schuf dies einen fruchtbaren Boden für das noch junge Feld der Eugenik. Die Sozialreformer vertrauten der Wissenschaft (wissen Sie noch?) und glaubten, dass „gute Amerikaner“ wie gute Rennpferde gezüchtet werden könnten. Die so aus dieser Annahme entstehende Logik war – wenn ich den Armen etwas gebe, unterstütze ich praktisch die Ausbreitung von Verbrechen, was wie eine Variation der Debatten um die Wohlfahrtsgesetze in England wirkt.
Dieses Thema wird uns garantiert in einem anderen Kapitel noch einmal beschäftigen, da sich in den 1890er Jahren herausstellte, dass die Korruption ausgerechnet in der Stadtverwaltung und im Polizeiwesen tief verwurzelt war. Viele Polizisten jedoch stammten von den insgesamt nicht sehr angesehenen irischen Einwanderern ab, , was Theodore Roosevelt als Polizeichef zu ändern versuchte.
Streiks
Weite Teile New Yorks waren geprägt von wimmelnden Slums, schmutzigen Ausbeuterbetrieben, Saloons, Randalierern, Lärm und Trunkenheit, Verbrechen und Unordnung, Armut und Krankheit. Nicht zu vergessen die riesigen Schlachthöfe, die ihre Abwässer in diese Slums hinein leiteten, und die zum Teil nur als erbarmungswürdig zu bezeichnenden Arbeitsbedingungen in industriellen Großbetrieben. Die erbärmlichen Löhne, Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter stärkten wiederum die Gewerkschaftsbewegungen.
1886 auf dem Haymarket Square in Chicago, als der 8-Stundentag gefordert wurde und 1894 während des großen Pullman-Streiks erhoben sich landesweit Arbeiter und zahlreiche Unterstützer, um gegen die Bedingungen zu protestieren, unter denen sie arbeiteten und lebten, nur um von den Ordnungskräften niedergeschlagen zu werden. In Chicago wurden bei Zusammenstößen mit der Polizei mehrere Demonstranten verletzt und getötet. Dann explodierte auch noch eine Bombe inmitten einer Menschenmenge.
Beim Pullmann-Streik ging es ebenfalls um niedrige Löhne, schlechte Lebensbedingungen und die Arbeitszeiten, welche bei 16 Stunden pro Tag lagen. Präsident Grover Cleveland ließ das Militär anrücken, weil ein Postzug nicht fuhr, was die Sache zu einer Bundesangelegenheit machte. Zwischen vier und 30 Protestierende starben und viele weitere wurden verwundet.
Der Homestead-Streik gegen die Carnegie Steel Company in Pennsylvania im Sommer 1892 mündete in einem 12-stündigen Feuergefecht zwischen den Streikenden und 300 Agenten der berüchtigten Pinkerton Agentur.
Die alte Ordnung bröckelte in diesen Jahren an allen Ecken und Enden, der amerikanische Traum bekam erste Rostflecken. Hinzu kam die große Panik von 1893, welche zu einer wirtschaftlichen Depression führte. Im selben Jahr verübte ein arbeitsloser irischer Einwanderer ein Attentat auf den Bürgermeister von Chicago, Carter Harrison, auf dem Messegelände, eine weitere in einer langen Liste anarchischer Taten, die die Oberschicht in den harten Jahren der 1890er Jahre so sehr beunruhigten. [Harr, Johnson S. 33f.] Im September 1901 wurde dann auch noch Präsident William McKinley ermordet, ebenfalls auf dem Messegelände einer Weltausstellung. Sein Nachfolger war Theodore Roosevelt, Großwildjäger, Natur- und Tierschützer und ehemaliger Polizeichef von New York.
Armut

Die Hütten in der Fotografie oben befinden sich direkt neben einem offenen, stinkenden Abwasserkanal, in den sämtliche Abfälle und Fäkalien der Umgebung hineingeleitet wurden. Wer das “Glück” hatte, in so einer Hütte zu wohnen, hatte wahrscheinlich auch Ziegen oder Hühner und die Glücklichsten nannten ein paar Pferde ihr Eigen, die dazu dienten den Unterhalt zu verdienen.

Von Müllabfuhr konnte keine Rede sein, jedenfalls nicht in den Slums. Gutes Trinkwasser war Mangelware. Oft gab es allenfalls ein einziges Wasserklosett in größeren Wohnblocks, und die wurden dann von zehn oder mehr Familien benutzt. Spekulanten und jeder, der nur einen schäbigen Keller besaß, hatten Hochsaison.

Das Bett im oben gezeigten Kellerraum diente Vater, Mutter und dem jüngsten Kind als Schlafstelle, während der Rest der Familie im Vorraum hauste. Ohne Fenster oder Belüftung. Kinderarbeit unter erbärmlichsten Bedingungen war immer noch an der Tagesordnung.

1913: Kinder beim Bohnenschnippeln in Maryland.
In den frühen 1900er Jahren arbeiteten Kinder stundenlang in der Konservenindustrie des Staates New York. Die Unterkünfte für diese Saisonarbeiter waren unzureichend und unhygienisch. Bis zu acht Personen lebten in einem kleinen Raum. Die Plumpsklos waren unsagbar schmutzig. Die Fensteröffnungen waren nicht mit Fliegengittern abgedeckt, so dass Fliegenschwärme aus dem Dreck der Nebengebäude in die kleinen Räume gelangen konnten, in denen sich die Lebensmittel befanden. [Suzanne Humphries, S. 27]

Sterblichkeit unter Immigranten und die Gründe anno 1910 für New York
Der “Schmelztiegel”
In den ärmeren Vierteln New Yorks und anderen amerikanischen Großstädten herrschten katastrophale hygienische Zustände, während Mafiaclans der verschiedensten europäischen Herkunftsländer das Polizeiwesen und den Staat vor große Herausforderungen stellten, wie auch aus der nachfolgend exemplarisch geschilderten Episode hervorgeht:
Nach bewaffneten Straßenschlachten im August 1903 zwischen der 1200 Mann starken jüdischen Gang von Monk Eastman mit rivalisierenden Gangs greifen die Behörden ein, allerdings nicht, um die Gangs zu eliminieren, sondern nur, um einen Waffenstillstand zu vermitteln.

Bild einiger Mafioso in New York um 1900. Neben der sizilianischen Mafia gab es alleine nur in New York z.B. auch Zweigstellen der kalabresischen und neapolitanischen Mafia, irische, jüdische und diverse osteuropäische oder russische Mafia-Clans, zumeist auf verschiedene Stadtteile verteilt.

Eine Straße im jüdischen Viertel der Lower East Side 1912. Photography Collection, Miriam and Ira D. Wallach Division of Art, Prints and Photographs, The New York Public Library, Astor, Lenox and Tilden Foundations.
Der britische Bühnenschreiber Israel Zangwil prägte um die Jahrhundertwende den romantischen Ausdruck vom “Schmelztiegel Amerika”, doch wie Edwin Black es ausdrückte: “In Wirklichkeit waren die Küsten Amerikas sowie die dreitausend Meilen dazwischen zu Zangwills Zeiten ein Kessel unauflösbarer Minderheiten, Ethnien, indigener Völker und anderer eng miteinander verbundener Gruppen – und alle kochten ständig über.” Sie kamen zwar in Scharen, aber sie vermischten sich nicht miteinander. Das galt für Iren, Juden, Deutsche, verschiedene Konfessionen usw. oder Chinesen, deren Invasion 1882 durch den Chinese Exclusion Act allerdings vorübergehend Einhalt geboten wurde. Vorgeblich weil aus China Krankheiten eingeschleppt wurden, also aus sanitären und hygienischen Gründen. Auch die freigelassenen Schwarzen vermischten sich nicht wirklich. Stattdessen wurde durch ein Netz staatlicher und lokaler Jim-Crow-Gesetze die Apartheid zwischen Afroamerikanern und Weißen in weiten Teilen des Landes, insbesondere im Süden, durchgesetzt.
Hinzu kam ein weiteres, durchaus selbst gemachtes Problem. Denn 1848 war der “manifest destination” auch halb Mexiko zum Opfer gefallen, bzw. dieses einverleibt worden, mit dem Ergebnis ständiger Spannungen im Südwesten der USA. Die Mexikaner, die nun Texaner waren, hatten natürlich auf der anderen Seite der Grenze Verwandte mit Revanchegelüsten, was die Integration nicht gerade vereinfachte.
Aus Sicht einiger Angehöriger der weißen elitären Oberschicht der Ostküste hatte man nun jedenfalls nicht nur ein “Negerproblem” und ein Mexikaner-Problem, sondern auch ein Problem mit den armen, oft schlecht ausgebildeten jüdischen sowie ost- und südeuropäischen Migrantenscharen, zumal wenn man z.B. Polizeichef von New York war wie Theodore Roosevelt anno 1895.
Der Zusammenhang von Massenimmigration und Eugenik-Maßnahmen in den USA
Der Migrationsstrom führte zur demografischen Veränderung in den Städten und zu Gesetzesentwürfen, die eine Einwanderungsquote forderten. Die Eugenikbewegung erstarkte, was bis Mitte der 30er Jahre Sterilisationsgesetze in über 30 Bundesstaaten nach sich zog und die Sterilisation von zigtausenden Menschen zur Folge hatte.
Nebenbei: Aufgrund einiger Hinweise bin ich zu der Auffassung gelangt, dass weder Rockefeller sr. noch der Junior die Eugenik-Forschung und -Bewegung aufgrund von sozial-darwinistischen Erwägungen unterstützten. In Betracht käme hier also eher der Gedanke des Prinzips einer allgemeinen Steigerung der Effizienz, auf die Bevölkerung nach Rockefellers Vorstellung umgemünzt, worin aber gleichzeitig auch eine gewisse Verachtung derjenigen Menschen mitschwingt, die nach Rockefeller & Co´s Vorstellungen nicht als produktiv erachtet wurden. Mittlerweile sind Hinweise aufgetaucht, die Rockefeller Juniors Beeinflussung durch den Malthusianismus bezeugen, s.u.
Abgesehen von der Verslummung der Stadt und aufsässigen Arbeitern hatten sowohl die alteingesessene Elite der Stadt als auch Industrielle bald schon ein weiteres Problem. Die europäischen Migranten durften nämlich, kaum an Land gekommen, auch schon wählen. Und man konnte ihre Stimmen kaufen, was zu einigen seltsamen politischen Praktiken und vor allen Dingen einem geradezu eingebauten Korruptionssystem im Staate New York führte. Dass es in New Orleans nicht anders aussah, hat mich in einem Artikel über die Geschichte von Louisiana und New Orleans beschäftigt.
Der Begriff Eugenik wurde, wie an anderer Stelle beschrieben, ausnahmsweise nicht in Deutschland erfunden, sondern fand zuerst im Commonwealth und in den USA Anklang und Anhänger. Es ist mir nicht möglich, einen nur annähernd vollständigen Überblick über dieses Thema zu bieten, d.h. auch nur einen kleinen Teil der bekannten und einflussreichen Persönlichkeiten aufzuzählen, die sich im Sinne der Eugenik engagierten oder darzulegen in wie weit der Einfluss der Eugeniker zum Beispiel in die Politik reichte. Denn dann würde dieser Artikel zu einem Lexikon werden. Es können lediglich einige Stichpunkte genannt werden, um zu belegen, dass das Thema Eugenik mehrere Jahrzehnte lang offen diskutiert und in den USA sogar Gesetze erlassen wurden, die die Sterilisation der Unerwünschten erlaubten. Lange bevor Hitler kam.
Sterilisierungsgesetze wurden beispielsweise 1924 in Virginia nach einem längeren Rechtsstreit erlassen. Das war um so bemerkenswerter als die Inschrift am Gebäude des Obersten Gerichtshofs “Equal Justice under Law” verkündet, Eugenik aber auf dem Prinzip beruht, dass eben nicht alle Menschen gleich sind, sondern einige Menschen weniger wert seien als andere. Zu diesen zählten nach Ansicht der Eugeniker in den USA vor allem körperlich und geistig Behinderte, Menschen nicht-weißer Abstammung und Schwache oder Kranke.
Wenn wir nun das Foto unten betrachten, fällt vielleicht etwas auf, das in Beziehung zu den katastrophalen Bedingungen steht, unter denen die Migranten lebten und arbeiteten.

Zum einen dürften die Kinder im Bild überwiegend aus Einwandererfamilien stammen, vielleicht kamen sie auch aus armen ländlichen Regionen, und zweitens, um es diplomatisch auszudrücken, sehen einige nicht sehr helle aus. Dass Mangelernährung, härteste Arbeit, Stress wegen dem ständigen Kampf ums Überleben oder Vergiftung durch die Umwelt, Trinkwasser oder Nahrungsmittel nicht gerade zu erhöhter Intelligenz beiträgt, ist wahrscheinlich unbestreitbar. Nicht unwahrscheinlich ist auch die Möglichkeit von Inzuchtfolgen im einen oder anderen Fall. Was genau das Problemfeld umfasst: Aus Sicht der Erb- und Ahnenfanatiker der weißen Klasse wies alles darauf hin, dass geistig Zurückgebliebene (oder wie lautet der politisch korrekte Ausdruck heutzutage noch mal?) das Produkt von schlechtem Erbmaterial bzw. Unzucht waren.
Hinzu kam die weit verbreitete Einstellung unter der wohlhabenden Oberschicht, dass Armut gewissermaßen ein Charakterfehler war.
Was Armut und die damit verbundenen Übel betraf, so herrschte lange Zeit die durchaus konservative Sichtweise vor, dass Armut auf individuelles Versagen zurückzuführen sei. Nach dieser Auffassung ließen sich Verarmung, Lasterabhängigkeit in all ihren Formen, Arbeitslosigkeit, politische Korruption und sogar die in vielen Stadtteilen weit verbreiteten Krankheiten am besten durch die Faulheit und den moralischen Verfall der Armen erklären, während das Gegenteil, nämlich Gesundheit, Reichtum, persönliche Reinheit und bürgerliche Tugend, auf die überlegene Intelligenz, den Fleiß und den christlichen Glauben der Gerechten zurückzuführen war. [Harr, Johnson, S. 43]
An Umweltgifte und Folgen von mangelnder Hygiene wurde die längste Zeit nicht gedacht, wenn es um Intelligenz, Gesundheit oder angebliche Rassendefizite ging, ebenso wenig daran, dass umgekehrt viel Geld, ausreichende Ernährung usw. sowie der Luxus von “Freizeit” sicherlich positiv dazu beitragen, günstige Bedingungen für die Entfaltung jeglicher Intelligenz (oder das was darunter verstanden wird) sowie körperlicher Fitness zu schaffen. Abgesehen davon natürlich, dass in so einem System von Chancengleichheit keine Rede sein kann.
Machen Stress, Angst, Mangel- und Unterernährung weniger intelligent? Falls das so wäre, worauf einiges hindeutet, dann sieht es so aus, als wären die Eugeniker der damaligen Zeit zumindest auf einem Auge blind und auf dem anderen kurzsichtig gewesen. Es ist die alte Frage: Welche Eigenschaften werden warum vererbt, also Wie genau funktioniert das mit der Vererbung von höheren Funktionen beim Menschen? Welche Rolle spielt die Umwelt?
Kann man wirklich Menschen mit Erbsen vergleichen?
Mendel hatte sich mit der Kreuzung von Erbsen befasst und aufgrund seiner Experimente die Vererbungsgesetze postuliert; Weismann war mit der besonderen Art der Keimzellen befasst, woraus er schloss, dass Vererbung anerworbener Eigenschaften nicht möglich sei (ob das zutrifft oder nicht kann ich gerade nicht beurteilen – was ist mit Neigungen zum künstlerischen Schaffen, die in einer Familie häufiger vorkommen als in einer anderen?); Pavlov gesellte sich hinzu mit der Konditionierung von Hunden; Wundt mit Reiz-Reaktionsforschung am Menschen; Darwin (bzw. Spencer) mit dem Überleben des Stärkeren, Galton erfand den Begriff Eugenik.
Die Eugenik-Bewegung schöpfte aus diesen “wissenschaftlichen” Erkenntnissen.
Wenn Malthusianismus und Wissenschaft zur Politik werden
Einige fortschrittliche Denker der gebildeten, wohlhabenden weißen Elite, oder solche die sich dafür hielten, konnten der verführerischen Rationalität der Wissenschaft nicht widerstehen, ausgehend allerdings davon, selbst die Krone der Schöpfung darzustellen. Wir reden hier von einer Mischung aus gefühltem Adel und der Grundidee des Ariertums. Das Perfide daran ist, dass der eine oder andere wohlhabende Industrielle und Profiteur des Systems direkt dazu beitrug, die Umwelt- und Arbeitsbelastung für die Arbeiter auf einem, aus heutiger Sicht erschreckendem Niveau zu halten, was u.U. zu Schädigungen des Gehirns führen kann. Woraus sich dann – trotz steigenden Produktionskapazitäten – ein Überschuss an unerwünschter Bevölkerung ergab, die mindestens sterilisiert werden musste. Wenn man sich die riesige Einkommensschere ins Bewusstsein ruft, die Profiteure und Verlierer des Systems bereits damals trennte, dann fällt es schwer, nicht an Engels Ausspruch zu denken, nach dem die malthusianische Theorie die Leibtheorie der englischen Bourgeoisie sei
“und zwar ganz natürlich, da sie für diese das bequemste Faulbett ist und ohnehin für die bestehenden Verhältnisse viel richtiges hat. Wenn es sich also nicht mehr darum handelt, die “überzählige Bevölkerung” nutzbar zu machen, in brauchbare Bevölkerung zu verwandeln”, sondern blos darum, die Leute auf möglichst leichte Weise verhungern zu lassen und sie zugleich daran zu hindern, daß sie zu viel Kinder in die Welt setzen, so ist das natürlich Kleinigkeit – vorausgesetzt, daß die überflüssige Bevölkerung die eigene Überflüssigkeit einsieht und den Hungertod sich wohlschmecken läßt.” [Friedrich Engels – Die Lage der arbeitenden Klassen in England, 1892 Dietz Verlag, S. 287. Zuerst erschienen 1845]
Eng verwandt mit diesem Thema sind die Gesetzesinitiativen ab dem 1. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts, die eine drastische Reduzierung der Einwanderer forderten. Der Schriftsteller Edward A. Freeman, welcher die Überlegenheit der “nordischen Rassen” als gegeben ansah, schlug als Lösung für das Einwanderer- aber auch auch des Negerproblems während einer Vortragsreihe in den 1880er Jahren in den USA folgendes Rezept vor:
„The best remedy for whatever is amiss in America would be if every Irishman killed a Negro and be hanged for it. „
„Das beste Mittel gegen alles, was in Amerika schief läuft, wäre, wenn jeder Ire einen Neger töten und dafür gehängt werden würde. „
Ab 1927 folgten ungefähr 30 US-Staaten mit ähnlichen Gesetzgebungen wie Virginia. Einige zigtausende US-amerikanische Bürger wurden in den folgenden Jahrzehnten zwangssterilisiert. Das Klientel fand sich in psychiatrischen Anstalten, Gefängnissen, Obdachlosenheimen, aber auch in Schulen. Wissenschaftler besuchten die Schulen und wählten die zu sterilisierenden (überwiegend farbigen) Kinder und Jugendlichen aus, in der Regel ohne das Einverständnis der Eltern einzuholen; oder die Kinder wurden der Behandlung unter falschen Angaben unterzogen.

Anzahl der gesetzlich durchgeführten Sterilisierungen (21.539) in den US-Staaten (1. Januar 1935). In den schwarz dargestellten Staaten seien laut Karte entsprechende Gesetze in Vorbereitung gewesen, in den gestrichelten Staaten galten bereits Gesetze, welche die Sterilisation von nicht für vermehrungswürdig gehaltenen Menschen, demnach Unwürdige, ermöglichten.
Wir möchten uns das vielleicht gerne vorstellen, aber Eugenik und Rassismus waren noch mindestens bis Mitte des 20. Jahrhunderts gerade in den Vereinigten Staaten keineswegs aus der Welt geschafft. In den 1920er und 1930er Jahren erlebte der Ku-Klux-Klan ein Come-back und noch zu Kennedys Zeiten gab es in den Südstaaten Rassentrennung an öffentlichen Schulen und weiße Universitäten.

General Walker 1963 in Mississippi, einer der Gegner von schwarzen Studenten an der Uni. Es kam zu gewalttätigen Ausschreitungen, und der erste schwarze Student, der sich in Mississippi einschreiben ließ, musste von Soldaten begleitet und beschützt werden.
Wie bekannt sein sollte, ist knallharter Rassismus nur einen winzigen Schritt von eugenischen Maßnahmen entfernt.
Im diesem Kapitel wurden nochmals einige der grundlegenden Annahmen wiedergegeben, die “wissenschaftlicher Rassenlehre” und Eugenik zugrunde liegen, und es wurde das Umfeld skizziert, in welchem amerikanische Wissenschaftler, Politiker und Philanthropen zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihre Anstrengungen bündeln würden, die eugenische Sache voranzubringen.
Im nächsten Kapitel blicken wir insbesondere auf das Leben und Wirken von H.F. Osborn, Madison Grant, Harry Hamilton Laughlin und Theodore Roosevelt sowie das New Yorker Umfeld, in dem sie ihren Einfluss ausübten, der offenbar über den Teich reichte. Bis ins Kaiserreich und sogar darüber hinaus. Außerdem werden wir erfahren, wie es dazu kam, dass ein paar wohlhabende New Yorker Großwildjäger zu den Gründern der ersten Natur- bzw. Tierschutzbewegungen wurden. Einige dieser Namen sind untrennbar mit der Geschichte der Eugenik in den USA verbunden. Und das Schicksal der Osborns wiederum ist von Anfang an mit Familie Rockefeller verknüpft.
Literatur
- War against the Weak – Eugenics and America´s Campaign to create a Master Race, Edwin Black, Dialog Press 2012
- Defending the Master Race – Conservation, Eugenics, and the Legacy of Madison Grant, Jonathan Peter Spiro, 2009
- The Rockefeller Century – Three Generations of America´s Greatest Families, John Ensor Harr & Peter J. Johnson, Charles Scribner`s Sons 1988
- Dissolving Illusions – Disease, Vaccines, and the Forgotten History, Suzanne Humphries, MD and Roman Bystrianyk, 2013
- Technocracy and the American Dream – The Technocrat Movement, 1900-1941, William E. Akin, University of California Press 1977
Weitere Links
https://planetkonkret.de/das-elend-des-malthusianismus/
https://monthlyreview.org/1998/12/01/malthus-essay-on-population-at-age-200/
Engels – Die Lage der arbeitenden Klassen in England …
https://ourworldindata.org/breaking-the-malthusian-trap
https://victorianweb.org/history/fabian.html
https://www.facinghistory.org/resource-library/origins-eugenics
https://humanlifereview.com/the-long-road-of-eugenics-from-rockefeller-to-roe-v-wade/
https://www.hli.org/resources/harry-laughlin/
https://dewiki.de/Lexikon/Max-Planck-Institut_f%C3%BCr_Psychiatrie
http://visupview.blogspot.de/2013/10/a-vast-right-wing-conspiracy-secret_8539.html
The Romance of American Psychology
Francis Peabody (1614 – 1697) kam auf der Planter anno 1635 nach Neuengland. George Peabody, Enkel, wurde 1795 in Massachussetts geboren, stammte aus der unteren Mittelschicht. Zunächst verdingte er sich als Händler von „Trockenwaren“, wechselte um 1838 ins Bankgeschäft und gründete eine Handelsbank, womit er offensichtlich außerordentlich erfolgreich war. George Peabody spezialisierte sich auf Devisen und Wertpapiere, aber auch er war selbstverständlich im Eisenbahngeschäft tätig. Er wurde 1836 Präsident der Eastern Railroad, eine der ersten erfolgreichen Eisenbahnen in Neuengland.
Sein Vertrauen in das langfristige Wachstum der USA führte ihn nach London, wo seine Firma zum Hauptkanal für die Investition von britischem Kapital in den USA wurde, besonders während der Panik von 1837 und der Panik von 1857. Peabody sammelte großen Reichtum und nutzte ihn, um der erste große amerikanische Philanthrop zu werden, da er die Erfahrung, arm und schlecht ausgebildet zu sein, aus erster Hand kannte. Er stellte geförderten Wohnraum in London zur Verfügung und gründete und unterstützte zahlreiche wissenschaftliche und Bildungseinrichtungen in Großbritannien und den USA. 1
Da Peabody keine Nachkommen zeugte, ging er bzw. seine Bank 1854 eine Partnerschaft mit Junius Spencer Morgan ein. 1857 gründete George Peabody das Peabody Institute, die erste Musikakademie in den Vereinigten Staaten. Am Ende des amerikanischen Bürgerkriegs gründete er den Peabody Education Fund, um „die intellektuelle, moralische und industrielle Bildung der mittellosen Kinder der Südstaaten zu fördern.“ 2 Das Gründungskapital war $1 Million Dollar in Staatsanleihen.
Zweifelsohne musste die GEB Wege finden, um innerhalb der durch die lokalen Gesetze und die Kultur auferlegten Grenzen zu arbeiten, um etwas zu erreichen. Ihre Mittel wurden mit dem Leitgedanken verteilt, die Schulbildung für arme weiße und schwarze Schüler gleichzeitig zu verbessern. Die erklärten Programmziele der Behörde verrieten jedoch die geringeren Erwartungen, die ihre Führung an die Afroamerikaner hatte, sowie ihren Unwillen, die Systeme und Strukturen der Segregation anzugehen. https://resource.rockarch.org/story/black-education-and-rockefeller-philanthropy-from-the-jim-crow-south-to-the-civil-rights-era/